Ich bin an einem öffentlichen Vortrag von Dr. Felix Hasler beim Grafikerverband SGV. Er berichtet über seine Forschungen zum Thema Hirndoping bzw. “Cognitive Enhancement“. Handelt es sich dabei um mehr als ein Medienphänomen?
Laut Hasler wird die Diskussion über dieses Thema stark vorangetrieben durch Pharmafirmen, die ein Interesse daran haben, dass die Öffentlichkeit glaubt, man könne die Hirnleistung dopen und vermeintliche Fehlfunktionen (psychische Probleme) mit Medikamenten bekämpfen. Die Medikamente werden dann passend gebrandet, so dass die Patienten sie von ihren Ärzten aktiv verlangen.
Als gutes Beispiel referiert er über Modafinil. Dieser Wirkstoff, der unter verschiedenen Medikamentennamen erhältlich ist, bewirkt eine ähnliche Leistungssteigerung wie Koffein, wirkt aber emotional dennoch ganz anders. Man fühlt sich einfach super und kann sich besser auf Denkarbeiten konzentrieren, die sonst leicht zu schneller Ermüdung führen. Und zwar ohne bekannte Nebenwirkungen. Im amerikanischen Militär ersetzt Modafinil langsam die bisher üblichen Amphetamine, die zu Paranoia führen, was bei Soldaten nicht selten in so genanntes “friendly fire” mündet. Klingt also nach einem interessanten Mittelchen für Campaigner. Aber ist es deshalb wünschenswert?
Hasler meint Nein. Als Beispiel für die Relevanz dieser Frage führt er die Tatsache auf, dass amerikanische Militärpiloten Modafinil nehmen. Könnte man damit schwere Unfälle in der zivilen Luftfahrt verhindern? Sollten Piloten Modafinil nehmen? Das Problem ist, dass man einfach noch zu wenig über die Funktionen des Hirns weiss. Und die Reduktion der Hirnleistung auf reine Biochemie scheitert alleine schon an dessen Komplexität. Es ist also Vorsicht angebracht.
(Das kann ich schon deshalb bestätigen, weil mir das Bild eines Kollegen einfällt, den ich zufällig auf der Strasse traf, und der mit total begeistert erzählte, wie er dank Modafinil tagelang durchgearbeitet hatte. Er fühle sich trotzdem super. Problem: ich sah ihn an und fragte mich, ob Zombies wirklich nur Fiktion sind…)
Hinzu kommen die Nebenwirkungen, die es, entgegen des Mythos, eben doch gibt.
Hasler fasst am Schluss nochmals zusammen: man kann nicht besser geistig arbeiten, aber länger und motivierter. Es gibt Nebenwirkungen. Anders als oft berichtet wird, ist der Gebrauch gar nicht so weit verbreitet, und wenn, dann zeitlich eng begrenzt. Der Gebrauch nimmt sogar eher wieder ab. Cognitive Enhancement ist kein neues Phänomen, denn schon die Nazis haben sich mit Amphetaminen vollgepumpt, um mehr leisten zu können. Es wird wohl kaum die Gesellschaft entscheidend verändern. Vielmehr handelt es sich wohl eher um einen Medienhype.
Hasler nennt die Befürworter Transhimanisten, die Gegner Biokonservative. Die Zukunft und die gesellschaftlichen Wertvorstellungen werden entscheiden, welche Seite sich durchsetzt. Für uns geht die Diskussion aber erstmal beim gemeinsamen Abendessen weiter.
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