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Campaigning, Kampagnenführung 2016 und die Sache mit dem Symphonieorchester statt Blasmusikkorps

Kürzlich las – und verzwitscherte – einen Blog-Beitrag einer PR-Agentur, die sich gerne mit Campaigning schmückt. Der Artikel ist nicht schlecht. Er enthält ein paar gute Ansätze, wie zum Beispiel den Vergleich mit dem Symphonieorchester (eine Vielfalt als Instrumenten) und dem Blasmusikkorps (nur eine Instrumente-Kategorie). Diesen Vergleich kennen wir ja schon seit mindestens 2002. Aber der Artikel ist noch nicht perfekt. Er braucht noch ein paar Feinschliffe und Korrekturen. Deshalb habe ich mir erlaubt, ihn zu korrigieren. Die korrigierte Version gibt es hier unten, das Original hier.

Der Plakataushang und breitangelegte Inseratekampagnen in den klassischen Medien allein haben noch nie genügt, um Menschen von Meinungen zu überzeugen und Haltungen zu verändern. Am Ende des Tages ist der Mix der eingesetzten Massnahmen – seit 2004 ein Mix auf digitalen und analogen Kanälen – zusammen mit der Glaubwürdigkeit der Akteure und weiteren Erfolgsfaktoren (siehe die 14 Strategischen Campaigning Grundsätze und die 21 Strategischen Campaigning Positionen) für den Erfolg einer Kampagne entscheidend. Meinungen haben sich schon immer vor allem im Austausch und können meist nur indirekt über Werbebotschaften, die über die klassischen „Ein-Weg-Kanäle“ verbreitet werden, beeinflusst werden. Denn gemäss der Netzwerk-Theorie gibt es in einer Gesellschaft ein paar wenige Menschen, die sich aktiv informieren und dabei alle Kanäle und Informationsquellen nutzen, zu denen sie Zugang haben. Diese Menschen sind meist auch gut vernetzt und beeinflussen dann im Gespräch bzw. Austausch ihr Umfeld. Meinungen en masse entstehen schon immer eher im Gespräch bzw. Austausch als durch den Konsum von Massenmedien durch die Massen. Diesen Netzwerk-Effekt machen sich Campaigner schon seit Jahrzehnten zunutze. Ich selbst lernte diesen Ansatz Ende der achtziger Jahre kennen und nutzen.

Mit anderen Worten: An Stelle eines Blasmusikkorps braucht es ein grosses Symphonieorchester, das auf einer ganzen Palette von Instrumenten zu spielen weiss – analog meiner Definition von Campaigning als der Kunst, alle Register ziehen zu können, um Ziele zu erreichen und Menschen zu bewegen. Eine zunehmend wichtigere Rolle spielen langsam auch die digitalen Kanäle, was ca. 18 Jahre nach den ersten vor allem im Internet geführten und erfolgreichen Kampagnen sich langsam als Erkenntnis durchgesetzt hat. Die Gouverneurs-Kampagne von Jesse Ventura 1998 gilt hier als wegweisend (Quelle).

Dialog statt „Ein-Weg-Kanäle“, wie in der Campaigning-Formel «I hoch 4»

Der aufgeklärte Stimmbürger will von einer Abstimmungs- oder Wahlempfehlung überzeugt werden. Dies kann am besten, wer mit den Leuten im Dialog steht und für jede Zielgruppe eine nutzenstiftende und individualisierbare Botschaft hat. Deshalb lautet auch seit 2003 die Campaigning-Formel, dass Campaigning das Produkt

Intention x Information x Interaktion x Intervention = (I hoch 4)

ist.  Die Interaktion steht hier für den Dialog. 

Der Einsatz der (seit 18 Jahren und deshalb nicht mehr wirklich) neuen dialogischen Kanäle muss deshalb von Anfang an in die Überlegungen einfliessen und prägt das Kampagnen-Design entscheidend mit – sofern dies Sinn macht. Welche Plattform im digitalen Campaigning und in der Markenbildung führend ist, hängt dabei jeweils sehr von der Zielgruppe, der geographischen Region und der Thematik ab. Aussagen wie «Die führende Plattform im digitalen Campaigning und in der Markenbildung ist heute Facebook» sind deshalb mit grosser Vorsicht zu geniessen.

Mittels Fokusgruppen-Analysen lassen sich die Argumente, die im Zusammenhang mit dem Kampagnenziel die grösste Wirkung haben, identifizieren. Mittels Target Community Labs™ lässt  sich sogar die gesamte Kampagnen direkt durch die Zielgruppe(n) entwickeln. Kampagnenprofis müssen die Vorgaben dann nur noch richtig umsetzen. 

Die durch die Zielgruppe selbst entwickelte Strategie erlaubt es dann, die Zielgruppen richtig – zielführend – zu dem zu bewegen, was man von ihnen möchte. Kontinuierliches Wiederholen der Argumente auf allen Kanälen (Social Media, Website, Medienarbeit, Flyer, Infografiken, Print, etc.) ist wichtig, reicht jedoch nicht aus, damit die umgesetzten Mehrheiten erreichen. Dazu braucht es noch ein wenig mehr. 

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