«Meh Blau für Züri» lautete der Slogan der FDP schon im Gemeinderatswahlkampf 2014, dessen Strategischer Wahlkampfmanager ich damals war. In dieser Funktion hatte ich auch den Spruch unter allen Vorschlägen ausgewählt. Er passte am besten zum Strategischen Campaigning Grundsatz Nr. 1 (Polarisieren, profilieren, positionieren). In Tat und Wahrheit jedoch ist Zürich jedoch vor allem Rot. Und zwar an der Ampel. (Dass ich da lieber mehr Grün sehen würde, kann ich mir aber knapp noch verkneifen. )
Vor Jahren sorgte ein Artikel der New York Times für Aufsehen, in dem ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes freizügig zugab, dass man dort Überstunden schiebt, um künstlich Stau zu produzieren, damit möglichst wenig Autofahrer den Weg in die Stadt suchen. Auf Druck der Behörden musste der Artikel wieder vom Netz genommen wurden, aber plausibel war er definitiv. Denn so klein Zürich ist, wie der Tages-Anzeiger vor ein paar Tagen berichtete, hat die Stadt einen undankbaren Spitzenplatz bei Staus inne:
Die Stadt Zürich liegt in internationalen Rankings immer ganz vorne. Das gilt auch, wenn es um Verkehrsstaus geht.
Zürich ist für Autofahrer eine Qual – diese oft vorgebrachte Behauptung wird gestützt durch eine neue Studie des US-Verkehrsdatensammlers Inrix. Dieser hat eine Negativhitparade jener Städte erstellt, in denen man am längsten im Stau steht. In Europa ist Zürich in diesem Ranking ganz vorne dabei. Lässt man die russischen Städte weg, die sieben der zehn Spitzenplätze belegen, belegt Zürich Platz 5. Nur in London, Paris, Istanbul und Genf muss man sich als Autofahrer noch mehr gedulden.
(…) Zu Stosszeiten verbringt man hier laut der Studie fast ein Drittel seiner Zeit wartend – zusammen mit Genf europäische Spitze. Weltweit gesehen, belegt Zürich in dieser Rangliste Platz 16 und befindet sich in Gesellschaft von Städten wie Medellín in Kolumbien oder São Paulo in Brasilien. (…) Die Studie ist nach Angaben des Unternehmens die umfangreichste dieser Art. Sie umfasst die Auswirkungen von Verkehrsstaus in weltweit 1360 Städten und 38 Ländern. (Tages-Anzeiger)
Unter 1360 Städten ist Zürich auf Platz 16. Nicht schlecht. Dabei ginge es auch anders. 2012 schlug der Tages-Anzeiger in einem Artikel dem Tiefbauamt Zürich eine innovative Idee von Prof. Dirk Helbing vor, der ein neues Verkehrsleitsystem entwickelt hat, das die Wartezeiten an Ampeln verkürzt und Staus vermeidet.
Helbing hat ein System entwickelt, das die Stadt Zürich gleich mehrfach entlasten soll: von Lärm und Dreckluft, von Blechkolonnen sowie entnervten Autofahrern, Tramchauffeuren, Velofahrern, Fussgängern. Die Idee: Nicht mehr die Ampeln steuern den Verkehr, sondern der Verkehr die Ampeln. Ein Paradigmenwechsel. Das Ziel: ein «selbstheilendes Verkehrsleitsystem».
Was utopisch klingt, ist knallharte Wissenschaft. Worum gehts? Im Verkehrsleitsystem von Helbing misst jede einzelne Ampel mittels Detektoren die Zahl und Geschwindigkeit der sich nähernden Fahrzeuge. Dank Kommunikation mit den benachbarten Ampeln kann jede Ampel berechnen, wann und wie lange sie auf Grün schalten müsste, um die Fahrzeuge ohne anzuhalten vorbeizulassen. Dies führt automatisch zur Koordination der Verkehrsströme und zu einer neuen Art von grünen Wellen.
Den Artikel in voller Länge kann man hier lesen.
Durch einen solchen Ansatz würden nicht nur die Nerven der Autofahrer geschont, sondern auch die Umwelt, weil der Spritverbrauch pro gefahrenem Kilometer deutlich gesenkt würde. Und heute könnte man sogar noch weitergehen und die Bewegungsdaten von Handys einlesen, um damit noch bessere Vorhersagen des Verkehrsflusses zu machen, sogar Tage im voraus mit der Technologie von SThAR, einer Partnerfirma meiner Firma business campaigning GmbH.
Weniger Stau ist machbar. Es braucht nur den notwendigen politischen Willen. Meh Blau für Züri wurde 2014 auf manchen Plakaten ergänzt durch «sinnvolle Lösungen statt Klassenkampf auf der Strasse». Und dadurch, dass die FDP im Parteiprogramm stehen hatte, dass der ÖV bei der Bewältigung des Mobilitätsbedarfs Vorrang hat. Freiheit heisst in diesem Zusammenhang freie Wahl des Verkehrsmittels ohne Schikane aufgrund ideologischer Bevormundung.
Auch in Dietikon könnte man intelligente Ampeln einsetzen, um den unvermeidbaren Verkehr zu verflüssigen. Vielleicht würden dann auch die LKW-Fahrer gelassener auf die Einmündung der Heimstrasse in die Ueberlandstrasse zufahren und weniger die an der Ampel wartenden Passanten gefährden.
Damit ich mich im Gemeinderat für intelligente Mobilität engagieren kann, wählen Sie am 4. März die Liste 4 und Philipp Müller in den Stadtrat. (Meh Blau für Dietikon) Und nicht vergessen, den Stimmzettel zu unterschreiben!
Mittelfristig geht eine Verflüssigung des Verkehrs natürlich nur dann gut, wenn der Energieträger, mit dem die Fahrzeuge betrieben werden, klimaneutral und erneuerbar ist. Sonst stünde die Freiheit sich selbst im Wege, denn je weiter der Klimawandel voranschreitet, desto mehr gefährdet er eben auch unsere Freiheit. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wahlkampf kostet Geld.
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