WeBlog

Wer Umweltschutz mit Verbieten und Verhindern verwechselt, kann keine Lösungen bieten

In der heutigen SonntagsZeitung gibt es einen hervorragenden Kommentar zur aktuellen Klima- und Stromversorgungskrise. Er zeigt deutlich auf, dass wir beides nur lösen können, indem wir Lösungen voranbringen und nicht, indem verboten oder verhindert wird. Allem FDP-Bashing zum Trotz sind es wieder einmal Exponenten der FDP, die sich solche Lösungen ausgedacht und durchgebracht haben und die Grünen agieren scheinheilig, wenn sie in den Alpen Solaranlagen bekämpfen, im Mittellandkanal aber Dreckschleudern akzeptieren. (So wie übrigens auch im Zusammenhang mit ihrem Widerstand gegen 5G, das viel energieeffizienter als 4G ist, sich physikalisch aber praktisch nicht davon unterscheidet.)

Die Grünen haben den Kontakt zur Realität verloren

So schnell kann es gehen. Vor drei Jahren waren die Grünen noch die grossen Wahlsieger, nun stürzen sie in den Umfragen ab. Und das in einem Jahr mit einem Rekordsommer und einem heissen Herbst, wie es ihn fürs Klima noch nie gab. Trotzdem: Von der Grünen-Partei kommt gar nichts, wenn es um die Problemlösung geht. Parteipräsident Balthasar Glättli doziert zwar in der «Arena», doch die Jugend demonstriert ganz ohne ihn und klebt sich auf die Strasse. Wofür? Damit die Schweiz ihre Häuser saniert und ernsthaft Energie spart. Diese Methode nervt zwar, aber eigentlich kann man inhaltlich gar nicht gegen einen solchen Kraftakt sein und fragt sich: Warum kommt dieser Druck von der Strasse und nicht von der Grünen-Partei, deren Ständerätinnen und Nationalräte genau dafür ins Parlament gewählt wurden?

In Bundesbern machen zwei Bürgerliche vor, wie man das Energieproblem lösen kann: mittels eines Eilzuggesetzes boxten Ruedi Noser (FDP) und Beat Rieder (CVP) den Bau von Solaranlagen in den Alpen durch. Es reihen sich zwar unschöne Rechtsbeugungen und De-facto-Notrechtserlasse aneinander, aber erstmals wird die Energiewende konkret umgesetzt. Nachfolgend wird wohl auch noch der Ausbau der Wasserkraft und eine Beschleunigung der Verfahren bei den Windrädern kommen. Und was machen die Grünen? Sie stimmen im Parlament zähneknirschend zu, aber im Wallis formiert die Grünen-Präsidentin den Widerstand gegen das Solar-Grossprojekt in Grengiols. Das Tal werde verschandelt, sagt die Grünen-Politikerin Brigitte Wolf, und ja, es gibt auch ein oder zwei Bauern, die ihr Vieh nicht mehr wie gewohnt auf die Alp bringen können, wenn ein Quadratkilometer mit Solarpanels zugepflastert wird.

Natürlich, schön sind sie nicht, diese Solarprojekte in Grengiols und Gondo. Doch warum kümmern sich die Grünen da um den Widerstand, warum sprechen ihre Experten da von Gesetzesbeugung und Verfassungsbruch, warum nicht in Birr im Kanton Aargau? Dort entsteht eine veritable Dreckschleuder, um diesen Winter zu verhindern, dass wir wegen der Energiekrise frieren. 1700 Tonnen Heizöl oder 2 Millionen Kubikmeter Erdgas braucht es, um die acht Turbinen des Kraftwerks 24 Stunden zu betreiben. Das Kraftwerk stösst damit so viel Dreck aus wie die ganze Stadt Zürich, die Grenzwerte für Stickstoff werden gebrochen. Wo bleibt hier der Aufschrei? Und wo war der Aufschrei, als schon vor dem Ukraine-Krieg klar war, dass die Schweiz ihre Energiestrategie 2050 so umsetzt, dass sie im Inland mit strengen Umweltgesetzen alle Projekte verhindert, aber gerne aus dem Ausland Kohlestrom und Frackinggas importiert?

Die Grünen-Partei will nächstes Jahr die Wahlen gewinnen und in den Bundesrat. Das wird ihr nicht gelingen, wenn sie es nicht schafft, die Jugend wieder für sich zu mobilisieren. Im Moment ist das nicht der Fall, die Parteileitung hat den Zugang zur Basisbewegung verloren. Genauso wenig gelingt es der Partei, im Parlament Allianzen zu schmieden, um ihre Anliegen, vielleicht sogar einen Bundesratssitz durchzubringen, obwohl die Zeit dafür günstig wäre wie nie. Aus der Partei des Zeitgeists ist innert drei Jahren eine Partei der ideenlosen Verhinderer geworden, vorgeführt von der eigenen Jugend und der Konkurrenz. Und das im heissesten Herbst der Geschichte.

Arthur Rutishauser, Chefredaktor arthur.rutishauser@sonntagszeitung.ch http://www.facebook.com/sonntagszeitung

Aus der Partei des Zeitgeists ist innert drei Jahren eine Partei der ideenlosen Verhinderer geworden.

%d bloggers like this: