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Campaigning oder Werbung für den Wandel?

Die Werbewoche schreibt unter dem Titel «Werbung für den Wandel» über erfolgreiche Kampagnen für einen guten Zweck. Am Ende gibt’s dann noch ein Interview mit «Mr. Campaigning».

Z.B. präsentierteTom Schwarz von Seven.One Ad Factory auf dem Screenforce Day die erfolgreiche Flutwein-Kampagne “Unser schlimmster Jahrgang”. Die Crowdfunding-Kampagne unterstützte das vom Hochwasser betroffene Ahrtal und erzielte mehr als 4.4 Millionen Euro Spenden sowie eine gesteigerte Bekanntheit der Weinregion. Die Kampagne von Dove, das “Reverse Selfie”, wurde als beste soziale und nachhaltige Kampagne im Good Report 2022 ausgezeichnet. Sie sensibilisierte für den Schönheitswahn in sozialen Medien und erreichte über 6 Milliarden Impressions. Die “Recipes Rewritten”-Kampagne der Schweizer Krebsliga passte Rezepte von Starköchen an, um Krebspatienten den Geschmack wiederzugeben. Sie erzielte ein Medienecho mit einem Wert von CHF 1,6 Millionen und einer Reichweite von 7,3 Millionen. Die Kampagne fokussierte auf Genussmomente und gemeinsame Erlebnisse anstelle von Mitleid. Mehr dazu hier.

Auch auf die berühmte Ice Bucket Challenge wurde eingegangen. Sie war im Sommer 2014 ein grosser Erfolg. Menschen filmten sich beim Übergiessen mit Eiswasser und teilten dies in den sozialen Medien. Es wurden 200 Millionen US-Dollar Spenden gesammelt und prominente Persönlichkeiten wie Eminem und Rihanna beteiligten sich.

«Das Wichtigste, um die Menschen zu motivieren, etwas zu tun, sind Emotionen», bestätigt auch Peter Metzinger, der als «Mr. Campaigning» Unternehmen, Verbände und Organisationen unterstützt, Veränderungen voranzutreiben (siehe freistehendes Interview). Und neben den Gefühlen, sagt der Experte, müssen Kampagnen, die etwas für den guten Zweck bewirken wollen, so einfach sein wie möglich.

Allerdings wussten viele Teilnehmer nicht, dass die Aktion auf die Krankheit ALS aufmerksam machen sollte und wer der Initiator war. Dies zeigt den Nachteil von Social Media-Kampagnen, bei denen oft nicht klar ist, worum es eigentlich geht.

Werbung oder Campaigning

Manchmal liegt das aber auch daran, dass man die Kampagne als Werbekampagne definiert, anstatt sie von Anfang an unter dem Blickwinkel des Campaigning zu sehen. Campaigning kennt nämlich keine Zielgruppen, sondern nur Mitmachende. Jemanden als Komplizen zu betrachten, führt zu einem ganz anderen Verhalten, als wenn ich die Person als passive Informationsempfängerin sehe.

Interview mit «Mr. Campaigning»

Seine erste Kampagne im Bereich Charity und NGOs lancierte Peter Metzinger 1982 – seit mehr als vierzig Jahren ist er nun der Schweizer «Mister Campaigning». Worauf kommt es bei seiner Arbeit an?

m&k: Peter Metzinger, wie schaffen es Organisationen, dass Campaigning-Projekte viral gehen?

Peter Metzinger: Dafür gibt es kein Erfolgsrezept. Aber es gibt durchaus Faktoren, die die Erfolgswahrscheinlichkeit von Kampagnen und Veränderungsprojekten steigern. Unter anderem ist es wichtig, zu polarisieren. Nicht anders sein, sondern komplett anders! Um Menschen zu etwas zu bewegen, braucht es ausserdem Emotionen und eine gewisse Einfachheit. Es kann auch helfen, in Szenarien zu denken – vom Worst Case bis zum Best Case. Und sich Strategien zu überlegen, wie man im jeweiligen Fall reagiert.

Wie unterscheidet sich Campaigning von klassischer Kommunikation, bei der es ja meist darum geht, möglichst viel zu verkaufen?

Beim Campaigning möchte man Menschen dazu bewegen, einem bei der Zielerreichung zu helfen. Wer möchte, dass Menschen ihm helfen, muss sich mit ihnen beschäftigen. Um das Budget optimal zu nutzen, will man nur Instrumente einsetzen, die auch wirklich etwas bewirken. Solche Kampagnen lassen sich nicht so lange im Voraus planen wie klassisches Marketing, sondern müssen immer wieder an unvorhergesehene Ereignisse angepasst werden. Denn sobald ein Zwischenziel erreicht ist, ist die Situation nicht mehr dieselbe und es gibt oft Folgewirkungen, die man nicht voraussehen kann.

Die Themen, um die es geht, sind meist ziemlich sensibel: Krankheit, Politik, Missstände. Was heisst das für die Kreation?

Sie muss viel empathischer sein. Klassischer Werbesprech, der alles schönredet, und die typischen PR-Slogans funktionieren dabei nicht. Wer möchte, dass Menschen zuhören und vielleicht auch ihre Freizeit oder eine Spende dafür opfern, muss viel stärker auf seine Zielgruppen eingehen und deren ganz eigene Sprache sprechen.

 

 

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