Am 18. Mai 2025 stimmten die Zürcher Stimmberechtigten über den zweiten Schritt der Steuervorlage 17 ab, der eine Senkung des Gewinnsteuersatzes von 7 % auf 6 % vorsah. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 54,5 % lehnten die Vorlage ab, nur 45,5 % stimmten dafür. Bei einer Stimmbeteiligung von 35,3 % votierten 179 439 Personen gegen und 149 962 dafür .
Schon im Abstimmungskampf setzten SP, Grüne und AL konsequent auf die negative Deutung der Vorlage – sie sprachen von einem «Affront gegenüber der Bevölkerung» und einem «Steuergeschenk für einige wenige» .
Mit negativen Botschaften gibt es kein Ja
Über die Gründe der Ablehnung wird viel spekuliert. Die SVP schiebt die Schuld auf die Wirtschaftsverbände, weil diese mit ihren Botschaften die Angst vor Zuwanderung geschürt haben sollen. Das ist natürlich reiner Humbug und dient lediglich dem eigenen Machterhalt. Mit ihrem Plakat „Zürcher Untergang“ verhindern hat sie der Vorlage den grössten Bärendienst erwiesen. Negativer geht’s kaum. Wie soll man da ein Ja erwarten?
Was also sind die Gründe für die gescheiterte Kampagne, was lief schief?
Als ich die Kampagnenplakate sah (nicht nur das der SVP), ahnte ich schon, dass diese Vorlage abgelehnt werden könnte. Die Erklärung ist einfach. Für die Annahme einer Vorlage muss man ein klares Ja in den Köpfen und im Unterbewusstsein verankern.
Die Kernbotschaft «Steuern hier behalten» unterstreicht zwar das Ziel, die Einnahmen in Zürich zu halten, transportiert aber ausschliesslich ein negatives Gefühl: Niemand zahlt gerne Steuern, und in Köpfen und Herzen bleibt dieser Slogan negativ besetzt. Nicht besser war der Slogan des Gewerbeverbands „KMU hier behalten“. KMU sind keine kuscheligen Pelztierchen, die sofort Sympathie gewinnen. Der Begriff ist abstrakt und für viele nicht nachvollziehbar, wieso KMU hier behalten werden müssen. «Welches KMU zieht denn schon wegen 1 Prozentpunkt Steuern aus dem Kanton Zürich weg?», werden viele sich gefragt haben. Schlimmer war nur noch das SVP-Plakat (s. oben).
Studien zur politischen Kommunikation zeigen aber, dass rein negative Rahmen zu einem intuitiven Nein in den Köpfen und zusätzlich auch noch oft die Glaubwürdigkeit untergraben, wenn nicht gleichzeitig ein positiver Nutzen erkennbar wird.
Zudem war die kopflastige Argumentation, wonach eine Steuersenkung mittel- bis langfristig neue Unternehmen und damit sogar höhere Steuereinnahmen bringe, zu abstrakt und schwer nachvollziehbar. Wer glaubt schon, dass ein Prozentpunkt weniger automatisch zu mehr Wirtschaftswachstum führt?
Positive Gegenbotschaften: „Weniger ist mehr“
Ein möglicher Gegenentwurf wäre die Botschaft «Weniger ist mehr» gewesen – kurz, prägnant und positiv besetzt. Intuitiv verbindet jede und jeder damit nicht nur das Einsparen, sondern auch einen Gewinn an Lebensqualität, Effizienz oder Innovationskraft.
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Emotionalisierung: Anstelle statistischer Prognosen könnten plakative Visuals („Mit 6 % statt 7 % schaffen wir Platz für neue Arbeitsplätze“) wirken.
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Einfachheit: Ein klarer Call-to-Action («Weniger Steuern – mehr Wohlstand») lässt sich schneller verarbeiten als komplexe Rechenbeispiele.
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Storytelling: Erfolgsgeschichten aus Nachbarkantonen (z. B. Zug) hätten als Referenz dienen können, um das positive Narrativ zu stützen.
Fazit
Die gestrige Abstimmung hat gezeigt, dass allein negative Frames wie «Steuern hier behalten» nicht ausreichen. Wer ein «Ja» an der Urne will, muss zuerst ein «Ja» in den Köpfen und im Unterbewusstsein verankern – und das gelingt nur mit positiven, sofort leicht verständlichen Botschaften. Für künftige Kampagnen empfehlen sich deshalb Slogans im Stil von «Weniger ist mehr» sowie eine Kombination aus emotionalem Storytelling und konkreten Nutzenversprechen. Nur so lässt sich die kognitive Hürde überwinden und echte Zustimmung generieren.
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