Letzte Woche erlebte ich eine Präsentation, die es in sich hatte. Dietikon wird zum Meilenstein einer neuen Energiepolitik. Doch eins nach dem anderen…
Als meine Frau und ich vor zwei Jahren nach Dietikon kamen, geschah dies in einer sehr zuversichtlichen Aufbruchstimmung. Wir hatten im Limmat Tower eine Wohnung gekauft, dem brandneuen Markenzeichen des neuen Stadtteils Limmatfeld. Und im Limmattal, einer der prognostizierten Wachstumsregionen im Raum Zürich sahen wir viel Potential für die Zukunft, liegt doch Schlieren um die Ecke, wo in den letzten Jahren eine lebendige Startup-Szene entstanden ist. Dietikon wäre die nächste logische Destination für Innovation.
Dann lernte ich den Standortförderer Michael Seiler kennen, der sich zum Ziel gesetzt hatte, in Dietikon Green Innovation zu unterstützen und vermarkten. Weil das auch meiner Vision entspricht, luden wir schliesslich gemeinsam gleichgesinnte Unternehmer aus Dietikon zu einer Gruppe ein, um gemeinsam etwas in Richtung Green Innovation zu machen.
Bei einem ersten Lunch-Meeting diskutierten wir die Idee, beim zweiten vor einer Woche gab es eine Präsentation über ein Projekt, dass Dietikon zum Hotspot auf der Landkarte der nachhaltigen Innovationen machen wird. Dabei ging es um ein Thema, das mich schon seit 3 Jahren beruflich begleitet: Power-to-Gas und klimafreundlicher Sprit für die Zukunft.
Power-to-Gas (kurz PtG oder P2G, deutsch etwa: „Elektrische Energie zu Gas“) bedeutet kurz gesagt die Umwandlung von erneuerbarem Strom in Sprit. Das ist deshalb interessant, weil erneuerbare Stromquellen oft dann Strom liefern, wenn man ihn nicht braucht und Strom schwierig zu speichern ist. Man braucht deshalb entweder Langzeitspeicher mit einer sehr hohen Speicherkapazität oder man muss den Strom irgendwie anders nutzen können. Mit Power-to-Gas ist beides möglich.
Neben Strom braucht mal als weitere Zutaten Wasser und Kohlendioxid. Letzteres kann durch Climeworks aus der Luft gefiltert werden (auch noch so eine Innovation) oder man gewinnt es aus Kläranlagen oder anderen biologischen Quellen. Im Prinzip ist Power-to-Gas nichts anderes als die Umkehrung des Verbrennungsprozesses.
Das Ergebnis ist Methan, Diesel, Benzin oder Kerosin. In Dresden stellt die Firma Sunfire synthetischen Diesel her, in Werlte (Niedersachsen) produziert Audi synthetisches Methan. Man sieht darin den Sprit der Zukunft, weil er praktisch klimaneutral ist. Denn für die Herstellung werden keinerlei fossile Rohstoffe benötigt. Es winkt die Unabhängigkeit vom Erdöl.
Zudem kann dieser synthetische Treibstoff in jedem konventionellen Fahrzeug verbrannt und mit fossilem Sprit vermischt werden. Bis die gesamte Fahrzeugflotte eines Tages mal elektrisch ist, kann so in der Zwischenzeit die konventionelle Fahrzeugflotte klimafreundlicher betrieben werden, ohne dass man sie verschrotten muss. Meine Firma macht schon seit 3 Jahren Öffentlichkeitsarbeit zu dieser Technologie, um über deren Potential zu informieren und Missverständnisse zu klären. Im komplett überarbeiteten, neuen CO2-Gesetz, das der Bundesrat am Freitag präsentierte, wird dem Abbau von Hemmnissen für Power-to-Gas-Treibstoffe sogar ein eigener Artikel gewidmet (Art. 16).
Und in Dietikon wird die erste Power-to-Gas-Tankstelle gebaut.
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Swisspower und der Dietiker Firma Limeco, die sich Luftlinie vielleicht 200 Meter vom Limmat Tower entfernt befindet. Swisspower-Projektleiter Thomas Peyer stellte das Projekt letzten Donnerstag den Dietiker «Green Innovation Unternehmern» (erstmal nur ein Arbeitstitel für die Gruppe) bei der Limeco vor.
Eine 2 MW-Anlage, die bis anhin grösste, soll in Zukunft erneuerbaren Strom aus der Müllverbrennungsanlage der Limeco beziehen und CO2 aus der benachbarten Kläranlage. Daraus wird dann mit Hilfe von Wasser synthetisches Methan hergestellt, das Gasfahrzeuge an einer Tankstelle beziehen können.
Noch gut zu wissen: Das mittels Power-to-Gas hergestellte Brenngas kann auch in das öffentliche Gasnetz eingespeist oder in Kavernenspeichern zwischengespeichert werden. Daneben existieren auch Konzepte für integrierte Speicherkraftwerke auf Basis von reversiblen Brennstoffzellen, eine mittlerweile in den Markt eingeführte Technologie, die mit Strom-zu-Strom-Speicherwirkungsgraden bis etwa 70 % deutlich höhere Gesamtwirkungsgrade versprechen als bisher existierende Power-to-Gas-Speicherprozesse.
Im folgenden zeige ich ein paar der Folien, die Thomas Peyer präsentierte und mir dankenswerterweise zur Verfügung stellte.
Die erste zeigt den prozentualen Anteil der verschiedenen Energieträger am Gesamtenergieverbrauch heute und im Jahr 2050, wenn dann die Energiestrategie 2050 umgesetzt ist. Die folgende Folie zeigt schematisch, dass die verschiedenen Sektoren (Mobilität, Wärme und Strom) gekoppelt werden müssen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien überhaupt möglich zu machen.
Hier ein paar Schlagzeilen zur Sektorenkopplung.
Bei der Beurteilung, wie klimafreundlich ein Fahrzeug ist, muss man im Prinzip den gesamten Lebenslauf von der Produktion bis zur Verschrottung betrachten. Dabei zeigt sich, dass ein Elektro-Fahrzeug, das mit Importstrom betrieben wird, unter Umständen insgesamt mehr CO2 produziert als ein gasbetriebenes Fahrzeug.
Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir Stromautarkie anstreben, die Produktion erneuerbaren Stroms steigern, die Sektoren koppen und Strom speichern können, sowie die Energieeffizienz erhöhen.
Diese Grafik zeigt, wie stark die Stromproduktion bei erneuerbaren Quellen schwankt. Keine Batterie kann das auffangen.
Batterien können aber mithelfen.
Ein grosses Problem ergibt sich daraus, dass wir im Winter sehr viel Strom brauchen, gerade dann aber erneuerbare Quellen wenig liefern. Deshalb brauchen wir ein Speichersystem, das die Energie aus dem Strom über Monate hinweg speichern kann.
Für ein solches Speichersystem stehen die folgenden Optionen zur Verfügung. Man sieht, dass Power-to-Gas die beste Lösung darstellt.
Das erkennt man auch, wenn man betrachtet, wir dicht die Energie gespeichert werden kann. Mit Power-to-Gas geht das 100 Mal kompakter als in einem Stausee.
So wird Sommerstrom zu Gas für den Winter.
Bei Swisspower rechnet man damit, bald alle Bewilligungen zu haben. Wird die Anlage dann gebaut, wird Dietikon zum Leuchtturm einer neuen Energiepolitik. Schon jetzt wird die Stadt immer wieder in Vorträgen erwähnt, wie ich in Bern und Rapperswil erleben durfte. Das tut uns als Wirtschaftsstandort gut und beweist dann hoffentlich eines Tages, dass Wirtschaft und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sein müssen.
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